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TV-Kritik: Besser als Du

Stromberg sei Dank, war Christoph Maria Herbst bisher vor allem ein Pro7-Gesicht. Nun gibt es den begnadeten Komödianten in der ARD gleich im Doppelpack. In einer der besten Fernsehkomödien der letzten Jahre, an der fast alles stimmt bis auf den etwas zu zuckersüß-harmonisch geratenen Schluss. In „Besser als Du“ spielt Herbst den pedantisch spießigen Kölner Logopäden Matthias Pretschke, der mit Frau (Ulrike C. Tscharre) und zwei Kindern in einem schmucken Häuschen lebt und eine gut laufende Praxis leitet. Nach außen scheint alles in bester Ordnung zu sein, obwohl ausgerechnet sein Sohn stottert. Aber in Wirklichkeit kriselt es in Pretschkes Ehe und Familie gewaltig, und gerade hat ihm seine Frau ein Ultimatum gesetzt: Wenn er sich nicht im Lauf einer Woche grundlegend ändert, will sie ihn verlassen.
Guter Rat ist angesichts einer solch kaum zu erfüllenden Forderung natürlich teuer. Doch da kommt Pretschke der Zufall zur Hilfe. Eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit trifft er plötzlich auf seinen Zwillingsbruder Tom, von dem er in seiner frühsten Kindheit getrennt worden ist und von dem er seitdem nichts mehr gehört hat. Und dieser Tom ist das genaue Gegenteil von ihm: Ein lockerer Lederjackentyp, der sich als Schauspieler mehr schlecht als recht durchschlägt und gerade mal wieder völlig abgebrannt ist. Und wie in einer Zwillingskomödie nun einmal üblich, tauschen die beiden ungleichen Brüder nach ein paar weiteren hilfreichen Zufällen die Rollen.
Mit Erfolg: Die beiden Kinder erkennen ihren vermeintlichen Vater kaum wieder. So unverkrampft ist dieser plötzlich, so cool sind seine Sprüche, selbst sein nerviges Besser-Wissen ist völlig verschwunden. Und auch seine Frau ist zunehmend von ihrem „neuen“ Mann so begeistert, dass es fast zum Äußeren kommt, zum ehelichen Verkehr nach fast einjähriger Pause. Aber auch der ach so spießige Matthias steht derweil seinen Mann. Er entdeckt unbekannte Talente in sich, absolviert sogar als sein Bruder Tom erfolgreich ein Vorsprechen bei einer Theaterproduktion und kittet gar nach einer heißen Liebesnacht die eigentlich kaputte Beziehung seines Bruders mit dessen hübschen Kollegin (Sophie von Kessel).
In Wirklichkeit ist alles natürlich noch viel komplizierter, und es ist erstaunlich, wie Regisseurin Isabel Kleefeld und ihr Drehbuchautor Stefan Rogall das eigentlich völlig ausgelutschte Genre der Zwillingskomödie mit neuem Leben erfüllen. Da gibt es in der fein konstruierten Geschichte wunderbar überraschende Wendungen, dazu wirklich lustige Situationskomik. Auch tragische Momente fehlen nicht. Mit Klischees wird souverän gespielt. Die Dialoge sind vom feinsten. Das Tempo ist hoch, aber nie hastig. Und die beiden unterschiedlichen Brüder sind bis zum Schluss einfach stimmig.
Und vor allem zeigt sich Herbst von seiner allerbesten Seite. Zwar erinnert sein Matthias ein wenig an seine Paraderolle „Stromberg“, das jedoch wirkt nie wie oft in seinen anderen Filmen routiniert heruntergespielt, sondern macht stets Sinn und vor allem Spaß beim Zuschauen. Und wie er fast gleichzeitig mit Tom das genaue Gegenteil verkörpert, dabei zwischen diesen beiden Rollen schnell hin- und herwechselt, ist famos. Eine tolle Leistung, bei der er gut unterstützt wird durch seine zwei Frauen, die in dieser Komödie für die ernsteren Töne zuständig sind. Und gerade in ihrer Ernsthaftigkeit oft herrlich komisch wirken.
Kurzum: „Besser als Du“ sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Besser geht’s halt kaum. Und bitte ARD, mehr davon!

ARD, 17.04.2015, 20:15 Uhr
Eins Festival, 21.04.2015, 18:30 Uhr / Eins Festival, 22.04.2015, 07:00 Uhr
Eins Festival, 22.04.2015, 12:30 Uhr

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